74 - Ein diplomatischer Zwischenfall by Agatha Christie

74 - Ein diplomatischer Zwischenfall by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-02T22:39:07+00:00


George brachte seinem Herrn den Morgenkaffee ans Bett.

»Miss Margrave, Sir, trug in der fraglichen Nacht ein Abendkleid aus hellgrünem Chiffon.«

»Danke, George, Sie sind äußerst zuverlässig.«

»Das dritte Hausmädchen sorgt für Miss Margrave, Sir. Sie heißt Gladys.«

»Danke, George, Sie sind nicht mit Gold zu bezahlen.«

»Keine Ursache, Sir.«

»Ein schöner Tag heute«, meinte Poirot und blickte zum Fenster hinaus. »Wahrscheinlich wird niemand sehr früh aufstehen. Ich denke, mein guter George, wir werden das Turmzimmer ganz für uns haben, wenn wir uns dorthin begeben, um ein kleines Experiment zu machen.«

»Brauchen Sie mich dazu, Sir?«

»Das Experiment«, sagte Poirot, »wird nicht schmerzhaft sein.«

Als sie im Turmzimmer ankamen, waren die Vorhänge noch zugezogen. George wollte sie gerade zurückschlagen, aber Poirot winkte ab.

»Wir wollen das Zimmer so lassen, wie es ist. Schalten Sie bitte die Schreibtischlampe ein.« Der Diener gehorchte.

»Nun setzen Sie sich mal auf den Stuhl dort, mein guter George. Tun Sie so, als ob Sie schrieben. Très bien. Ich werde nun eine Keule ergreifen, mich von hinten an Sie heranpirschen und Ihnen einen Schlag auf den Hinterkopf versetzen.«

»Jawohl, Sir«, sagte George unerschütterlich.

»Ah«, sagte Poirot, »wenn ich zuschlage, müssen Sie aufhören zu schreiben. Ich kann natürlich nicht dieselbe Kraft anwenden wie Sir Reubens Mörder. Das verstehen Sie ja wohl. Wenn der kritische Moment kommt, müssen wir so tun als ob. Ich schlage Sie auf den Kopf und Sie brechen zusammen, die Arme ganz entspannt, den Körper ganz locker. Gestatten Sie mal, so… aber nein, nicht die Muskeln so verkrampfen!«

Er stieß einen Seufzer der Verzweiflung aus.

»Hosen bügeln Sie ausgezeichnet, George, aber Fantasie besitzen Sie nicht. Stehen Sie auf. Ich übernehme Ihre Rolle.«

Poirot setzte sich selbst an den Schreibtisch.

»Ich schreibe«, erklärte er, »ich schreibe sehr eifrig. Sie schleichen sich von hinten an mich heran und schlagen mir eins mit der Keule auf den Kopf. Bums! Die Feder fällt mir aus der Hand. Ich falle vornüber, aber nicht sehr weit; denn der Stuhl ist niedrig und der Tisch hoch. Außerdem stützen mich meine Arme. Seien Sie so gut, George, und gehen Sie zurück zur Tür. Bleiben Sie dort stehen und sagen Sie mir, was Sie sehen.«

»Ahem!«

»Ja, George?«, rief Poirot aufmunternd.

»Ich sehe Sie am Tisch sitzen, Sir.«

»Am Tisch sitzen?«

»Es ist nicht ganz einfach, Sie deutlich zu sehen, Sir«, erklärte George. »Die Entfernung ist sehr groß und die Lampe hat einen so dunklen Schirm. Wenn ich vielleicht das Oberlicht andrehen dürfte, Sir?«

Seine Hand tastete nach dem Schalter.

»Auf keinen Fall«, sagte Poirot scharf. »Wir kommen auch so gut zurecht. Ich hier über den Tisch gebeugt und Sie dort an der Tür. Kommen Sie jetzt auf mich zu, George, und legen Sie mir die Hand auf die Schulter.«

George gehorchte.

»Lehnen Sie sich ein wenig auf mich, George, als wären Sie nicht ganz sicher auf den Füßen. Ah, voilà.«

Hercule Poirot ließ seinen schlaffen Körper kunstgerecht zur Seite gleiten.

»Ich falle – so!«, bemerkte er. »Ja, das habe ich fein ausgetüftelt. Jetzt aber steht eine hoch wichtige Sache auf dem Programm!«

»Wirklich, Sir?«

»Ja, ich muss mir unbedingt ein gutes Frühstück einverleiben.«

Der kleine Mann lachte herzhaft über seinen eigenen Scherz.

»Der Magen, George, darf niemals ignoriert werden.



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